Jeden Tag treffen wir etwa 35.000 Entscheidungen. Das ist enorm.
Von der Wahl des Outfits bis zu Finanzentscheidungen, die dem Leben eine neue Wende geben – unsere Tage sind vollgepackt mit Situationen, die uns eine Entscheidung abverlangen.
Klar, dass wir uns da am Ende des Tages langsam, aber sicher müde fühlen. Wie Untersuchungen belegen, verringert sich unsere Fähigkeit, richtige oder überhaupt irgendwelche Entscheidung zu treffen, wenn uns der Kopf raucht.
Was ist eigentlich Entscheidungsmüdigkeit?
Entscheidungsmüdigkeit ist die nachlassende Fähigkeit, nach vielen vorangegangenen Entscheidungen gute Entscheidungen zu treffen.
Mit anderen Worten: Der Versuch, eine Unmenge von Entscheidungen zu verarbeiten, überfordert das menschliche Gehirn.
Je mehr Entscheidungen man trifft, desto schwieriger wird es, die richtige Entscheidung zu treffen.
Entscheidungsvermeidung
Was die Sache noch schlimmer macht: Statt eine schlechte Entscheidung zu treffen, vermeidet unser überfordertes Gehirn oftmals, überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Es ist schlicht und einfach leichter, gar nichts zu tun, als sich für etwas zu entscheiden.
Mittlerweile erhärten viele Untersuchungen diese These. Doch als eine der ersten Studien warf das berühmte Marmeladen-Experiment aus dem Jahr 2000 ein Schlaglicht auf dieses Phänomen.
Bei diesem Experiment hatten Kunden eines Lebensmittelgeschäfts am Tag eins die Wahl zwischen 24 Marmeladensorten. Am Tag zwei wurde die Auswahl auf sechs Marmeladensorten reduziert.
Interessanterweise war die Kaufbereitschaft bei der Gruppe mit der kleineren Auswahl zehnmal höher als bei der anderen Gruppe.
Die riesige Auswahl schränkte die Entscheidungsfähigkeit der Kunden ein. Viele von ihnen entschieden sich für die einfachste Option – überhaupt keine Entscheidung zu treffen.
Kaufreue
Wenn die Auswahl zu groß ist, fällt es uns nicht nur schwer, eine Wahl zu treffen, sondern wir fühlen uns auch schlecht, nachdem wir unsere Entscheidung getroffen haben.
Wenn Sie jede Menge Optionen haben und sich schließlich für eine davon entscheiden, stellen Sie sich unweigerlich die Frage, ob Sie die richtige Wahl getroffen haben.
Es geht immer noch besser und zu viele Optionen können zu Verunsicherung, Unzufriedenheit und Bedauern führen.
Egal, wofür wir uns letztlich entscheiden, im Nachhinein zweifeln wir an der Richtigkeit unserer Wahl.
Das Paradox der Wahl
Ist Ihnen aufgefallen, dass Steve Jobs immer dieselbe „Uniform“ trug?
Zu seinen Markenzeichen gehörten ein schwarzer Rollkragenpulli, Jeans und New Balance-Turnschuhe – dasselbe Outfit Tag ein, Tag aus.
Warum?
Ihm war klar, dass sich über den ganzen Tag gestreute kleine Entscheidungen auf seine Fähigkeit, wichtige Entscheidungen zu treffen auswirkte.
Er wusste, dass er jeden Tag Tausende von großen und kleinen Entscheidungen treffen musste – die alle ein wenig an seinen Kräften zehren und seine Entscheidungsfähigkeit verringern würden.
Er verbannte nebensächliche Entscheidungen aus seiner täglichen Routine und sparte sich sein intellektuelles Potenzial für wichtigere Entscheidungen auf.
Weniger ist mehr
Sie fragen sich vielleicht, was Marmelade, Steve Jobs und Kaufreue mit der Conversion Rate auf Ihrer Website zu tun haben.
Wie sich zeigt, eine ganze Menge.
Das Paradox der Wahl ist ein Knackpunkt für Websitebetreiber, die auf Conversions angewiesen sind.
Wenn Sie den Besuchern Ihrer Website zu viele Entscheidungen zumuten, trifft ein Kunden entweder eine schlechte Entscheidung (die Retouren steigen) oder womöglich überhaupt keine Entscheidung (Ihre Conversion Rate sinkt).
Die Auswirkungen einer zu großen Auswahl auf Websites
Wie für das Marmeladen-Experiment in einem Ladengeschäft gilt das Paradox der Wahl auch in einer digitalen Umgebung.
Wenn Sie Ihren Usern viele Auswahlmöglichkeiten bieten, wirkt das lähmend statt die Conversion Rates zu steigern.
Für E-Commerce Websites, Leadgenerierungsplattformen oder alle anderen Arten von Websites, auf denen die Besucher in Aktion treten (Produkt kaufen, Kontakt aufnehmen, Newsletter abonnieren), kann sich zu viel Auswahl als Nachteil entpuppen.
Wenn die Auswahl zu groß ist, kann der Kunde zögern und eine gefühlte Ewigkeit die Vor- und Nachteile seiner Entscheidung abwägen.
Wie Sie die Paralyse durch Analyse auf Ihrer Website mindern
Angenommen, Sie betreiben einen E-Commerce-Shop (das Prinzip gilt jedoch für jede Art von Conversion-fokussierter Website).
Sie haben es geschafft, qualifizierten Traffic auf Ihrer Website zu generieren. Jetzt soll dieser Traffic zu Conversions führen.
Am besten, Sie mustern alle Elemente aus Ihrer Website aus, die den User dazu bewegen, sich folgende Frage zu stellen: „Welche ist die beste Entscheidung?“ oder „Was soll ich jetzt tun?“.
Nehmen Sie sich Ihre Website vor und räumen Sie mit unnötigen oder allzu verwirrenden Entscheidungen auf. Das gilt ganz klar für die Zahl der angebotenen Produkte, aber auch für andere Bereiche der Website, die eine Entscheidung verlangen.
Sehen Sie sich diese Bereiche Ihrer Website genauer an und denken Sie an unseren Ratschlag, Entscheidungen möglichst einfach zu machen:
#1 Website Navigation
Wenn ein Kunde Ihre Website besucht, muss er schnell zur gewünschten Rubrik gelangen.
Stellen Sie sicher, dass Sie keine unnötigen Links in Ihre primäre Navigation einbinden. Das könnte zu Entscheidungsmüdigkeit führen.
Als Faustregel gilt, dass Ihr primäres Menü für die primären Conversion-Ziele Ihrer Website da ist (z. B. jetzt shoppen, kontaktieren, Termin vereinbaren) und Ihr sekundäres Menü mit weniger wichtigen Informationen (z. B. Datenschutzerklärung, Jobangebote, rechtliche Hinweise) in den Footer setzen.
#2 Promotions
Klar, kaum jemand kann einem Deal widerstehen, doch manchmal sind zu viele Deals einfach nur kontraproduktiv.
Wenn auf einer Website tonnenweise Angebote angezeigt werden, fällt die Wahl – wie bei jeder anderen Entscheidung – schwer.
Werfen Sie einen Blick auf Fabletics:
Das Layout ist sehr übersichtlich, doch allein in einem kleinen Screenshot werden drei Aktionen beworben:
- Zwei Leggings für £ 24 für VIP-Mitglieder
- Outfits ab £ 20 für neue VIP-Mitglieder
- Mitgliedschaft für nur £ 44 pro Monat
Damit Unübersichtlichkeit und Entscheidungsvermeidung keine Chance haben, sollte sich eine Website im Idealfall auf eine klare und überschaubare Werbeaktion konzentrieren.
#3 Eindeutiger Call-to-Action (CTA)
Mit einem CTA sagen Sie dem User, was er als Nächstes tun soll. Ein CTA muss klar, einfach und auf Ihre Geschäftsziele abgestimmt sein.
Mit anderen Worten: Wenn Sie Kunden dazu bewegen möchten, etwas auf Ihrer Website zu kaufen, sollte sie der CTA nicht zur Kontaktaufnahme auffordern.
Zudem sollten sich Ihre CTAs stimmig durch die ganze Seite ziehen, idealerweise mit einem einzigen Haupt-CTA. Das könnte „Jetzt kaufen“ oder „Jetzt kontaktieren“ sein – zu welcher Handlung Sie den Kunden eben auffordern möchten.
Wenn Sie potenziellen Kunden zu viele Optionen bieten, treffen diese im Endeffekt vielleicht überhaupt keine Entscheidung.
#4 Content Overload
Content ist King: Die meisten Menschen sind sich darüber einig, dass nichts über gute Inhalte geht – oder zumindest, dass sie eine extrem wichtige Komponente Ihres Online-Auftritts sind.
Herausragende Inhalte ziehen die organische Suche wie ein Magnet an und positionieren Sie als Experten in Ihrer Nische.
Doch zu viel Inhalt kann zur Content-Schwemme werden.
Präsentieren Sie Ihre Titel nicht als lange Liste von Thumbnails. Denn das zwingt die User, jeden einzelnen Titel zu lesen und zu entscheiden, ob er den entsprechenden Inhalt lesen möchte.
Stellen Sie stattdessen lieber eine Rubrik „Neueste Beiträge“ ein, in der nur der neueste Beitrag angezeigt wird. Interessierte User können in Ihrer Hauptnavigation den „Blog“ aufrufen, wenn sie weitere Beiträge lesen möchten.
#5 Filter und Sortierfunktion
Für E-Commerce-Shops ist das der springende Punkt, speziell bei einem großen Sortiment.
Wenn Sie eine Vielzahl von Produkten anbieten, schlagen Sie der Entscheidungsvermeidung am besten dadurch ein Schnippchen, dass Sie die Suchergebnisse durch Suchfilter einschränken.
Angenommen, die Kollektion „Damenoberteile“ in einem E-Commerce-Shop zeigt 100 Oberteile an.
Wenn die Kunden aber gezielt nach einem weißen Crop-Top in Größe M suchen, sollten die Filter auf der Website entsprechende Kriterien anbieten.
Die User können dann die Optionen filtern und erhalten eine deutlich kleinere Liste von weißen Crop-Tops in Größe M.
Die Zahl der Entscheidungen lässt sich auch durch eine Sortierfunktion für die Optionen reduzieren. Wer ein Eigenheim kaufen möchte, kann sich jeden Tag die Anzeigen ansehen und sich ein genaues Bild vom Immobilienmarkt machen.
Wenn sich die Suche jedoch auf „Aktuellste Angebote“ eingrenzen lässt, müssen Sie nicht erneut Hunderte von Annoncen durchforsten, die Sie schon am Vortag gesehen haben.
Und zum Schluss noch ein K.I.S.S.
Entscheidungsvermeidung, Kundenreue und das Paradox der Wahl klingen nach komplexen wissenschaftlichen Studien. Im Grund genommen läuft aber alles auf eins hinaus:
KISS (Keep it simple, stupid).
Gestalten Sie Ihre Webseiten minimalistisch – mit ein oder zwei Kernaktionen, die Ihren Geschäftszielen dienen. Sorgen Sie dafür, dass die Aktion sowohl für Ihr Unternehmen als auch für Ihre Kunden relevant und nutzbringend ist.
Zu viel Auswahl kann ganz schön anstrengend sein und zu schlechten Entscheidungen, Kaufreue und Unentschlossenheit führen.
Halten Sie sich an die Techniken in diesem Beitrag: Setzen Sie auf Minimalismus und verbannen Sie unnötige Entscheidungsmöglichkeiten aus Ihrer Website.
Sie werden Ihre Conversion Rate verbessern, die Kundenzufriedenheit steigern und Retouren reduzieren – dem KISS-Prinzip sei Dank!